Architekten des Westfrankenreiches

© Schwerkraftverlag

Wir schreiben das Jahr 850 n.Chr. Im Westfrankenreich regieren die Karolinger. Und die wollen eine schöne Kathedrale haben und wenn’s geht noch ein paar andere schicke Bauwerke. Dafür engagieren sie die besten Architekten des Landes, die nun in einen Wettstreit treten. Das ist das Setting für „Architekten des Westfrankenreiches“, das im Herbst beim Schwerkraft Verlag erschienen ist.

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Wie funktioniert es?
Jeder Spieler übernimmt die Rolle eines Architekten und hat für seine Bauvorhaben zwanzig Arbeiter zur Hand, die sich zunächst alle noch auf seinem Spielertableau befinden. Dort ist auch Platz für Rohstoffe, die benötigt werden, um Gebäude zu errichten. Immer, wenn ein Spieler an der Reihe ist, schickt er einen seiner Arbeiter auf eines der Aktionsfelder des Spielbretts aus. Zum Beispiel, um aus dem Wald Holz zu holen. Der erste Arbeiter, den ein Spieler auf dem Wald-Aktionsfeld einsetzt, bringt genau ein Holz in den Vorrat. Der Arbeiter bleibt dort stehen. Schickt derselbe Spieler einen zweiten Arbeiter in den Wald, so bringt dieser schon zwei Stücke Holz mit. Beim dritten Arbeiter sind es schon drei Stücke, usw. Das gleiche Prinzip gilt auch für Lehm, Stein und Geld. Um einfache Rohstoffe zu veredeln und Siegpunkte zu generieren, steht das königliche Lager zur Verfügung. Auch hier gilt je mehr eigene Arbeiter dort sind, umso öfter darf die Aktion ausgeführt werden. Ähnlich ist es in der Werkstatt. Hier kann der Spieler wählen, ob er neue Gebäudekarten auf die Hand bekommen will oder Lehrlinge anheuern. Je zwei Arbeiter gibt es eine neue Gebäudekarte und noch eine dazu.

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Beim Anheuern der Lehrlinge verhält es sich anders. Die arbeitswilligen Azubis warten in zwei Reihen zu je vier Karten auf eine Anstellung. Wer einen Arbeiter ausschickt, der zahlt zunächst Geld und darf dann den ersten Lehrling aus einer der beiden Reihen wählen. Bei zwei eigenen Arbeitern darf bis zum zweiten Lehrling gewählt werden usw. Lehrlinge erhöhen zum Beispiel den Ertrag auf Aktionsfeldern oder ermöglichen im königlichen Lager neue Tauschoptionen. Arbeiter können auch ins Steueramt geschickt werden, um die dortige Kasse zu lehren. Wer seine Arbeiter auf den Markt schickt, der kann eigene Arbeiter von einem Aktionsfeld auf sein Spielertableau zurückholen oder fremde Arbeiter von einem Aktionsfeld gefangen setzen, um sie dann gewinnbringend ins Gefängnis zu verkaufen. Wer seine Arbeiter von dort wieder rausholen will, der muss eigene Arbeiter ins Wachhaus schicken. Das sollte man nicht vernachlässigen.

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Denn Arbeiter im Gefängnis können einem Spieler unter anderem Schuldscheine einbringen. Für alle bereits genannten Aktionsfelder gilt, dass dort beliebig viele Arbeiter von beliebig vielen Spielern stehen dürfen. Aber es gibt auch Aktionsfelder, auf denen immer nur ein einzelner Arbeiter eingesetzt werden darf, und von denen auch keine Arbeiter gefangen gesetzt werden dürfen. Zum Beispiel auf dem Schwarzmarkt. Die dortigen drei Felder bieten preisgünstige Angebote von Rohstoffen, bzw. Lehrlinge und Gebäudekarten. Doch dafür verlieren die Spieler Ansehen in Form von Tugend und irgendwann wandern alle Akteure vom Schwarzmarkt in den Knast.

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Und Tugend ist wichtig. Sie wird auf einer Tugendleiste festgehalten. Denn nur, wer genug Tugend hat, der darf auch an der Kathedrale mit bauen. Und das bringt Siegpunkte ein. Wer an der Kathedrale bauen will, entsendet einen Arbeiter ins Zunfthaus, wo er bis zum Ende des Spiels bleibt, und gibt zusätzlich die erforderlichen Rohstoffe ab. Auch andere Gebäude können gebaut werden. Auch sie bringen Siegpunkte ein, haben daneben auch noch andere Effekte. Für jedes einzelne zu bauende Gebäude und jeden Hammerschlag an der Kathedrale muss ein neuer Arbeiter ins Zunfthaus geschickt werden.

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Sind die vier Zeilen der Zunfthalle vollständig (variiert je nach Spielerzahl) mit Arbeitern belegt, endet das Spiel mit einer letzten Aktionsrunde. Jetzt wird gezählt. Siegpunkte gibt es für einen entsprechenden Stand auf der Tugendleiste. Auch der Bau an der Kathedrale wird belohnt und jedes errichtete Gebäude bringt Siegpunkte. Außerdem zählen die Rohstoffe Gold und Marmor und je zehn Silbergroschen je einen Siegpunkt. Negative Effekte gibt es auch. Wer noch Leute im Gefängnis hat wird dafür betraft und auch nicht eingelöste Schuldscheine schlagen zu buche. Wer in der Summe nun die meisten Punkte hat, der gewinnt.

 

 

Einschätzung
Von Autor Shem Phillips stammt schon „Räuber der Nordsee“, das ebenfalls beim Schwerkraft Verlag erschienen ist und 2017 für das Kennerspiel des Jahres nominiert war. Für Coautor Sam Macdonald ist „Architekten des Westfrankenreiches“ das erste Spiel, das er veröffentlicht hat. Den beiden ist ein sehr cleveres Spiel gelungen. Mir gefallen drei Elemente besonders. Erstens der steigende Ertrag beim Einsatz von Arbeitern auf dem gleichen Aktionsfeld, bzw. die mögliche Mehrfachnutzung einer Aktion abhängig von der Anzahl der eigenen Arbeiter auf dem jeweiligen Aktionsfeld.

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Das korrespondiert dann auch gleich mit der Aktion der Gefangennahme von gegnerischen Arbeitern, bzw. das Zurückholen eigener Arbeiter, das ich so bei anderen Spielen dieser Art noch nicht gesehen habe. Um ein Aktionsfeld ergiebig zu nutzen, sollte ich möglichst mehrere Arbeiter auf einem Aktionsfeld einsetzen. Außerdem kann ich dann ja viele meiner eigenen Arbeiter auf einen Schlag wieder zurückholen. Das Problem: Damit schaffe ich aber auch ein attraktives Ziel für eine mögliche Gefangennahme durch die lieben Mitspieler. Auch die Tugend, die sich verändert, ist interessant. Besonders der Aspekt, dass, wer zu oft die Steuerkasse plündert oder am Schwarzmarkt handelt, zwar viel Geld hat und günstig Rohstoffe bekommt, aber in der Tugend so weit absinkt, dass er nicht mehr an der Kathedrale bauen kann. Das wiederum kostet wertvolle Siegpunkte. Umgekehrt: wer zu tugendhaft ist, der darf nicht mehr auf dem Schwarzmarkt auftauchen. Außerdem gefällt mir die Illustration. Ich mag den comichaften Stil von Mihajlo Dimitrievski, der vor allem bei den Lehrlingen zum Tragen kommt.

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Außerdem ist das Material generell sehr schön gestaltet. Ein weiterer Pluspunkt des Spiels: Es ist möglich mit ganz unterschiedlichen Strategien zum Erfolg zu kommen. Das macht „Architekten des Westfrankenreiches“ so reizvoll. Also ein rundum gelungenes Spiel, das sich auch in der Spieldauer nicht in die Länge zieht. Auch, wenn es für ein bis fünf Spieler ausgelegt ist, ist es am besten ist es zu viert zu spielen. Insgesamt ist „Architekten des Westfrankenreiches“ eher was für Vielspieler oder aber erfahrene Familien mit älteren Kindern. Für die ist das Spiel aber eine echte Empfehlung.

„Architekten des Westfrankenreiches“
Autor: Shem Phillips und Sam Macdonald
Verlag: Schwerkraft Verlag
Für 1 – 5 Spieler
Ab 12 Jahren
Dauer: 60 – 90 Minuten
Preis: 50 Euro

 

 

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