Es gibt Spiele, die werden vor den Spieletagen in Essen mit sehr vielen Vorschusslorbeeren bedacht und dann sehnlichst erwartet; sie werden „gehypt“ wie man auf Neudeutsch gerne sagt. Diese Spiele sind auf der Messe dann oft schnell vergriffen und anschließend im Handel lange nicht zu bekommen. Dafür gibt es Angebote im Web, bei denen einem schwummrig wird bei den Preisen, die da für diese Spiele aufgerufen werden, weil sie eben alle gleich haben und spielen wollen. Doch, wenn man sich die Rezensionen zu diesen Spielen dann später anschaut, ist es oft ernüchternd: Der Hype um diese Spiele war es nicht wert. Oder man hört gar nichts mehr. Bei „Mischwald“ von Autor Kosch, das bei Lookout Spiele erschienen ist, liegt die Sache anders. Das Spiel wurde „gehypt“, war schnell vergriffen und lange nicht zu bekommen, aber es erfüllt die Erwartungen, die zumindest ich an das Spiel hatte und habe.
Wie funktioniert es?
„Mischwald” ist ein Spiel, das aus über 160 Karten besteht. Mehr als ein Drittel davon sind Bäume.
Acht verschiedene Baumarten gibt es bei „Mischwald”, von Eiche und Buche bis zu Tanne und Douglasie. Neben den Bäumen gibt es noch über 90 Karten mit Tieren. Diese Karten sind jeweils zweigeteilt. Etwa die Hälfte ist senkrecht geteilt, die andere Hälfte waagerecht.
Alle Karten werden gemischt und je nach Anzahl der Personen, die am Spiel teilnehmen werden gleich schon mal einige Karten unbesehen und zufällig aus dem Spiel genommen. Die verbliebenen Karten werden in drei gleichgroße Stapel geteilt. In einen Stapel werden zwei sogenannte Winterkarten eingemischt, eine dritte Winterkarte wird oben auf diesen Stapel gelegt.
Dann kommen die beiden restlichen Stapel wieder drauf. Nun werden je sechs Karten an alle verteilt. Damit beginnt das Spiel. Bin ich am Zug habe ich nun genau zwei Möglichkeiten, was ich machen kann. Ich kann zwei Karten ziehen. Diese Karten kann ich vom großen Nachziehstapel ziehen oder ganz oder teilweise auch aus der Lichtung.
Die Lichtung ist ein breiter Streifen, auf den Karten offen gelegt werden, die ich zum Bezahlen von Karten verwendet habe, die ich vor mir auslege. Und damit kommen wir schon zur zweiten möglichen Aktion. Ich kann genau eine Karte ausspielen und offen vor mir auslegen.
Jede Karte hat oben links Kosten. Diese Kosten müssen in Form von Karten bezahlt werden, die ich noch auf der Hand habe und dafür abgebe und in die Lichtung gelegt werden. Spiele ich einen Baum aus, dann wird dafür zunächst auch schon eine Karte vom Nachziehstapel in die Lichtung gelegt. Dann kommen noch die Karten von meiner Hand dazu.
Ein Baum bietet grundsätzlich Platz für vier Tiere. An jeder der vier Seiten der Baumkarte kann eine Tierkarte zur Hälfte untergeschoben werden. Die andere Hälfte der Tierkarte verschwindet unter dem Baum und spielt nun keine Rolle mehr. Das Tier, das jedoch zu sehen ist, entfaltet seine Wirkung. Dies können neben den Punkten, die die Karte am Spielende einbringt, auch noch ein Effekt und oder ein Bonus sein. Der Effekt tritt immer ein, wenn ich die entsprechende Tierkarte spiele. Den Bonus erhalte ich nur dann, wenn ich die betreffende Karte mit Karten bezahlt habe, die das Symbol, das sich auf jeder Karte oben rechts befindet, mit der gespielten Karte teilen.
Kommt eine Karte durch einen Bonuseffekt ins Spiel, werden weder Effekt noch Bonus der so ins Spiel gebrachten Karte ausgelöst. Den Bonus einer Karte erkenne ich an einem farbigen Pfeil mit Fernglas.
Am Ende jedes Zuges wird überprüft, on nun zehn oder mehr Karten in der Lichtung liegen. Ist dies der Fall, werden alle Karten aus der Lichtung abgeräumt und kommen nicht mehr ins Spiel. Das Spiel endet, wenn die dritte Winterkarte aufgedeckt wurde. Dann wird geschaut, wer die meisten Punkte sammeln konnte.
Diese Auswertung kann durchaus länger dauern und kompliziert sein, weil viele Karten miteinander interagieren und Punkte bringen. Es gibt auch Tierkarten, die Karten aus meiner Hand oder der Lichtung in meine Höhle verschieben. Karten, die sich in meiner Höhle befinden, bringen mir ebenfalls Punkte ein.
Einschätzung
Was mich an „Mischwald” fasziniert, ist seine enorme Einfachheit bei gleichzeitiger hoher Komplexität im Zusammenwirken der Karten. Einfach sind die beiden möglichen Aktionen. Zwei Karten ziehen oder eine Karte ausspielen, das ist die Wahl, die ich habe. Aber, wann ich was mache und welche Karten ich wann in meinen Wald lege, da kann es dann anspruchsvoll werden. Im Grunde gilt es das Optimum an Synergien der Karten zu finden, die ich im Laufe des Spiels in die Hände bekomme.
Die Karten, die ich gleich am Anfang des Spiels erhalte, und die ich dann im Laufe der ersten Runden ziehe, legen mir nahe, welche Strategie ich verfolgen könnte. Welche Punktemaschine will ich ans Laufen bekommen? Was bietet sich da an? Das kann aber auch in die Irre führen, bzw. die anderen Leute am Tisch dazu bringen, meine Strategie untergraben zu wollen. Wer gleich viele Karte für ein Set auslegt, darf wohl kaum darauf hoffen, dass ihm alle anderen die passenden Karten dazu nun auf dem Silbertablett, also der Lichtung, präsentieren werden. Zwar ist „Mischwald” im Prinzip ein solitäres Spiel, aber ich sollte dennoch nicht völlig außer Acht lassen, was alle anderen, denn da vor sich so auslegen. Denn es gibt schon Spielstrategien oder Synergien zwischen Karten, die stärker sind als andere, um nicht zu sagen zu stark. Wer viele Rehe und Hirsche hat und dann auch noch Wölfe dazu bekommt, hat einen immensen Vorteil. Aber alles ist auch wieder abhängig davon welche Karten ich selbst ziehe und die anderen eben auch. Davon abgesehen kann es auch sehr kontraproduktiv für mich selber sein, wenn ich mich zu sehr darauf versteife, einer anderen Person Karten vorzuenthalten. Denn am Ende soll ich ja möglichst viele Punkte sammeln. Schön finde ich das Konzept, dass es immer erst einmal einen Baum geben muss, bevor die Tiere dazu kommen.
Ein Wald braucht Bäume! Auch, dass ich nicht alles machen kann und mich permanent entscheiden muss, finde ich angenehm herausfordernd. Das gibt dem Spiel auch eine durchgehende Spannung: Wenn ich das eine tue, muss ich das andere lassen. Das gilt für die geteilten Karten, wo ich mich immer für eine Hälfte entscheiden muss, aber auch für die Tatsache, dass ich Karten beim Ausspielen mit anderen Karten bezahlen muss. Die Gestaltung der Karten ist phänomenal gut. Ich sehe vor meinen Augen einen wunderschönen Wald entstehen. Bei manchen Symbolen muss ich jedoch ganz genau hinschauen, um sie nicht zu verwechseln. Wobei die Symbolik der Zeichen eingängig und schnell verinnerlicht ist. Außerdem gibt es kleine Hilfekarten, die alle Karten auch nochmals erklären. Das finde ich gut gelöst.
Weniger gut finde ich, dass die Rückseiten der zweiten Auflage des Grundspiels und der ersten Erweiterung nicht zueinander passen. Vor allem, da die neuen Karten noch mal viele schöne neue Elemente mitbringen. „Mischwald” ist für ein Familienspiel ein wenig zu komplex in der Interaktion der Karten, aber vom Ablauf her voll und ganz ein Familienspiel. Wer oft mit der Familie spielt, sollte keine Probleme haben. „Mischwald” gehört definitiv zu meinen Lieblingsspielen und sollte bei der Jury Spiel des Jahres ziemlich weit oben liegen.
„Mischwald”
Autor: Kosch
Verlag: Lookout Spiele / Vertrieb: Asmodee
Für 2 – 5 Personen
Ab 10 Jahren
Dauer: 60 Minuten
Preis: Ab 27 Euro