
Kartenspiele mit einem besonderen Dreh kommen immer wieder gut an. Dabei muss der Dreh aber gar nicht so ausgefallen sein, sondern mit wenigen, aber clever ausgedachten Regeln wird ein gutes Spielgefühl erzeugt. In diese Kategorie von Spiel gehört auch „Odin“. Das Spiel ist beim Schweizer Verlag Helvetiq erschienen. Das kleine Kartenspiel mit einem besonderen Format haben Gary Kim, Hope S. Hwang und Yohan Goh ersonnen. In seiner reduzierten Einfachheit wusste es schon mal die Jury des französischen Gesellschaftsspielpreises As d’Or in diesem Jahr zu überzeugen.
Wie funktioniert es?

„Odin“ fällt zunächst schon einmal durch seine außergewöhnliche Form der Spieleschachtel und dann der darin befindlichen Karten auf. Sehr schmal und sehr klein sind Schachtel und Karten. Die Form ist auf das Wesentliche reduziert und so ist auch das Spiel. Es gibt 54 Karten in sechs Farben, die jeweils mit Zahlen von eins bis neun nummeriert sind. Die Karten werden gemischt und je neun Karten werden an zwei bis sechs Personen verteilt.

Eine Person beginnt das Spiel und spielt eine einzelne Karte aus, dann wird im Uhrzeigersinn weitergespielt.
„Odin“ wird über mehrere Runden gespielt. Jede Runde hat wiederum mehrere Züge und jeder Zug besteht aus mehreren Spielzügen. Beginne ich eine Runde oder innerhalb einer Runde einen Zug, dann lege ich eine Karte aus meiner Hand offen in die Mitte. Bin ich später innerhalb eines Zuges dran, dann habe ich zwei Möglichkeiten. Ich kann eine oder mehrere Karten ausspielen oder passen. Wenn ich Karten ausspiele, dann kann ich entweder die gleiche Anzahl an Karten ausspielen, die schon in der Mitte ausliegen oder genau eine Karte mehr. Wenn ich mehrere Karten ausspiele, dann müssen diese die gleiche Farbe oder die gleiche Zahl haben. Zudem muss der Wert der ausgespielten Karte oder der Karten höher sein als der Wert der Karten, die bereits ausliegen.

Der Gesamtzahlenwert von mehreren Karten wird dadurch ermittelt, dass sie nach der Höhe der Zahlen sortiert werden, beginnend mit der höchsten Zahl. Spiele ich also eine 5, 3 und 7 ergibt das 753.

Habe ich eine oder mehrere Karten ausgespielt, dann muss ich eine Karte aus der Mitte nehmen, die dort ausliegt. Liegen mehrere Karten in der Tischmitte, werfe ich alle anderen Karten ab.

Ich kann aber auch Passen. Das heißt, dass ich keine Karten spiele und auch keine Karten nehme. Ich kann aber innerhalb eines Zuges wieder in diesen Ablauf einsteigen. Ein Zug endet, wenn alle bis auf eine Person gepasst haben. Die Karten aus der Mitte werden entfernt. Die Person, die zuletzt Karten ausgespielt hat, beginnt den neuen Zug.

Eine Runde kann auf zwei Arten enden. Entweder ich beginne einen Zug und alle meine Handkarten haben dieselbe Zahl oder Farbe. Dann kann ich sie alle auf einmal ausspielen. In diesem Fall endet die Runde sofort. Oder ich habe innerhalb eines Zuges eine oder mehrere Karten ausgespielt und danach keine Karten mehr auf der Hand. Dann nehme ich auch keine Karte mehr aus der Mitte. Auch dann endet die Runde sofort. Endet eine Runde, dann zählen alle ihre Karten auf der Hand. Für jede Karte gibt es einen Punkt. Es beginnt eine neue Runde. Das Spiel endet, sobald jemand 15 oder mehr Punkte gesammelt hat. Die Person mit den wenigsten Punkten hat dann gewonnen.
Einschätzung

„Odin“ wurde im März mit dem französischen Spielepreis As d’Or im Bereich Familienspiel ausgezeichnet. Wenn man das Spiel einmal gespielt hat, kann man erahnen, warum diese Auszeichnung an „Odin“ vergeben wurde. Titel und Gestaltung sind zwar letztlich beliebig. Auf den Karten könnten auch Spinnen oder Wolkenkratzer abgebildet sein, Pinguine oder Schiffe. Dankenswerterweise hat der Verlag darauf verzichtet, sich irgendeine Hintergrundgeschichte oder ein Thema aus den Fingern zu saugen. Das Artwork mit der Wikingerthematik gefällt mir dennoch. Und die Symbole für die Farben, für Menschen, die Farben nicht gut unterscheiden können, ist auch schön. Allerdings sind die Symbole so klein, dass man schon Adleraugen haben muss, um sie zu erkennen und zu unterscheiden. „Odin“ ist ein abstraktes Kartenspiel und steht dazu. Aber in seiner einfachen Art ist es schön gradlinig und erfordert immer wieder neu taktische Entscheidungen. Soll ich lieber passen, um diese Karte, die so gar nicht zu meinen anderen Karten passt, nicht nehmen zu müssen? Oder soll ich lieber Karten legen, wenn ich das kann, um die anderen in der Runde unter Druck zu setzen? Natürlich hat Kommissar Zufall auch seine Finger im Spiel. Wenn ich glücklicherweise eine Karte nehmen kann, die hervorragend zu den anderen Karten in meiner Hand passt, dann hat das wenig mit Planung oder Taktik zu tun. Aber für ein Familienspiel mit einem derart niedrigen Einstiegslevel ist das in Ordnung. „Odin“ ist im Handumdrehen erklärt und spielt sich locker runter. Es gibt eigentlich keine großartige Wartezeit, weil ja die Entscheidungen immer klarer werden. Es ist tatsächlich ein lohnendes Spiel für die Familie und auf Grund seiner Größe ideal für den Urlaubskoffer.
„Odin“
Autor: Gary Kim, Hope S. Hwang & Yohan Goh
Verlag: Helvetiq / Vertrieb: Hutter Trade
Für 2 – 6 Personen
Ab 7 Jahren
Dauer: 15 Minuten
Preis: 11 Euro