Lacrimosa

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Wenn es darum geht, welches Genre oder Thema in einem Brett-, Karten- oder Würfelspiel aufgegriffen wird, dann liegt die Musik nicht unbedingt weit vorne. Wenn man mal vom Erfolg von „Hitster“ absieht, das es letztes Jahr auf die Empfehlungsliste der Spiel des Jahres Jury geschafft hat und das wirklich ein schönes Musikspiel ist. Während „Hitster“ ein echtes Partyspiel ist, bei dem es vor allem auch darauf ankommt, Musik zu hören, geht „Lacrimosa“ in eine völlig andere Richtung. Das Spiel der Autoren Gerard Ascensi und Ferran Renalias, ist im Kosmos-Verlag erschienen und spielt im späten 18. Jahrhundert. Der vielleicht talentierteste Komponist der Welt, Wolfgang Amadeus Mozart, ist gestorben und nun sollen wir an seinem letzten und unvollendeten Werk Hand anlegen. Und für seine Witwe sollen wir auf den Spuren Mozarts wandeln und das Wirken des genialen Künstlers nachempfinden. So die Idee hinter „Lacrimosa“.


Wie funktioniert es?

Bei „Lacrimosa“ nehmen wir die Rollen von Mäzenen oder Gönnern ein, die Mozarts Musik durch ihre Gelder finanziert haben. Nach Mozarts Tod wollen wir nun sein letztes Werk, sein Requiem, das unvollendet geblieben ist, zu Ende führen. Um das zu schaffen, engagieren wir Komponisten, gleichzeitig verwalten wir Mozarts Werke, die wir aufführen lassen oder verkaufen, und wir folgen den Spuren Mozarts durch Europa. Das alles geschieht über fünf Epochen, die für fünf Runden stehen, über die wir „Lacrimosa“ spielen.

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Im Mittelpunkt des Spiels steht der zentrale Spielplan, der in drei Bereiche unterteilt ist. Am oberen Rand des Spielplans werden Karten ausgelegt. Für jede Epoche gibt es eine bestimmte Anzahl an Karten. Sieben dieser Karten werden zunächst ausgelegt.

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Im mittleren Bereich des Spielplans findet sich eine Karte von Mitteleuropa mit Städten, die Mozart im Laufe seines Lebens besucht hat. Zu diesen Städten können wir reisen. Im unteren Bereich des Spielplans ist die Partitur des Requiems, mit seinen einzelnen Sätzen zu sehen.

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Dort liegen auch für jeden Satz jeweils zwei Komponisten aus, die wir engagieren können, um am Requiem weiterzuarbeiten.
Neben dem zentralen Spielplan, gibt es noch je ein persönliches Tableau für jede Person.

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Auf das persönliche Tableau wird links eine Geldbörse auf eine Einkommensleiste gelegt. Die Position der Geldbörse bestimmt zu Ende jeder Runde mein Einkommen, das ich nun ausgezahlt bekomme. Auf der rechten Seite des Tableaus sind sieben Instrumente zu sehen. Neben diese Instrumente werden Notensteine in der von mir gewählten Farbe gelegt. Diese Notensteine setze ich auf dem zentralen Spielplan in die Partitur des Requiems ein, wenn ich die entsprechende Aktion wähle. Zwischen der Geldbörse und den Instrumenten ist der Bereich, um in jeder Runde innerhalb von vier Zügen insgesamt acht Karten auszuspielen.

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Zu Beginn des Spiels haben wir alle je zehn Startkarten erhalten. Neun dieser Karten sind sogenannte Erinnerungskarten, eine ist eine Opuskarte. Erinnerungs- und Opuskarten sind deutlich unterschiedlich. Die Erinnerungskarten sind zweigeteilt in eine obere und untere Hälfte. Die obere Hälfte zeigt jeweils eine oder zwei von fünf möglichen Aktionen. Die untere Hälfte zeigt Belohnungen, die ich am Ende der Runde erhalte. Die Opuskarte besteht dagegen aus einem zentralen Opus. Im unteren Bereich der Opuskarte kann ich sehen, was ich erhalte, wenn ich dieses Opus aufführe oder verkaufe. Am oberen Rand der Opuskarte sehe ich die Kosten beim Kauf dieses Werkes. Die Opuskarte legen wir neben unser Tableau. Die neun Erinnerungskarten mischen wir und ziehen vier davon. In meinem Zug wähle ich zwei der vier Karten auf meiner Hand und spiele diese Karten aus.

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Dabei schiebe ich eine Karte von oben in den mittleren Bereich meines Tableaus; dieser obere Bereich ist der Aktionsbereich, die andere Karte wird von unten in diesen Bereich geschoben; dieser untere Bereich ist der Storybereich. Dadurch ist nun nur die obere beziehungsweise untere Hälfte der Karten zu sehen. Nur die sichtbaren Hälften sind jeweils gültig. So führe ich pro Runde wenigstens vier, manchmal aber auch mehr Aktionen durch, wenn ich eine Karte nutze, die mehr als eine Aktion zeigt.

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Das zentrale Spielelement von „Lacrimosa“ sind die fünf verschiedenen Aktionen, die ich in meinem Zug wählen kann. Die erste Aktion ist das Aufschreiben von Erinnerungen. Von den am oberen Rand des Spielplans ausliegenden Karten (Erinnerungs- und Opuskarten), wähle ich eine Erinnerungskarte aus, bezahle die Kosten dafür und ersetze mit der neuen Karte die Karte, die ich in diesem Zug in den Storybereich geschoben habe. Eine neue Erinnerungskarte ersetzt also immer eine andere Erinnerungskarte, dadurch habe ich immer exakt neun Erinnerungskarten.

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Die neue Erinnerungskarte ist dann auch erst in der nächsten Runde als Aktion zu verwenden. In der aktuellen Runde erhalte ich die Belohnung, die auf dem unteren Teil der Karte zu sehen ist. Als zweite Aktion kann ich ein Opus in Auftrag geben. Von den am oberen Rand des Spielplans ausliegenden Karten (Erinnerungs- und Opuskarten), wähle ich eine Opuskarte aus, bezahle die Kosten dafür und lege sie neben mein Tableau. Anders als bei den Erinnerungskarten ersetzt die neue Opuskarte nicht etwa eine andere, sondern kommt zusätzlich hinzu. Wenn ich eine Karte aus der Auslage nehme, egal ob Erinnerungs- oder Opuskarte, schiebe ich die Karten der Auslage auf dem Spielplan nach rechts und fülle die leeren Felder auf. Als dritte Aktion kann ich ein Opus, das sich in meinem Besitz befindet, aufführen oder verkaufen. Bei einer Aufführung zahle ich die angegebenen Kosten und drehe die Opuskarte um 90 Grad. Damit zeige ich an, dass ich dieses Opus in dieser Runde bereits aufgeführt habe und nicht noch einmal aufführen kann. Sollte ich das Opus verkaufen, zahle ich ebenfalls die Kosten, dann wird es komplett aus dem Spiel genommen. Natürlich erhalte ich bei Aufführung oder Verkauf eine entsprechende Belohnung.

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Als vierte Aktion kann ich das Reisen wählen. Hier bewege ich nun die Mozart-Spielmarker auf der Landkarte in der Mitte des Spielplans. Ich kann sie so weit ziehen wie ich will, muss aber die auf den Streckenabschnitten angegebenen Kosten zahlen können. Nur an dem Ort, an dem ich am Ende mit dem Marker stehen bleibe, kann ich mir das dort befindliche Plättchen nehmen. Auch das hat meistens Kosten, bringt aber auch eine sofortige Belohnung. Einige Orte – die Königshöfe – haben neben der sofortigen Belohnung noch Ziele, die ich am Ende des Spiels erfüllt haben sollte, um dafür zusätzliche Punkte zu bekommen. Die fünfte Aktion ist die Arbeit am Requiem.

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Hier wähle ich ein leeres Instrumentenfeld in einem der Sätze des Requiems. Ich nehme dann den Notenmarker neben dem passenden Instrument auf der rechten Seite meines persönlichen Tableaus und platziere diesen Notenmarker auf dem Instrumentenfeld des Requiems. Je nachdem, auf welche Seite ich meinen Notenmarker drehe, beauftrage ich nun einen der beiden Komponisten, die dem Satz zugeordnet sind. Dafür muss ich natürlich auch Kosten bezahlen. Das entsprechende Komponistenplättchen lege ich nun an die Stelle des Notenmarkers auf mein Tableau. Manche Komponisten bringen eine sofortige Belohnung, manche haben einen dauerhaften Vorteil. Am Ende des Spiels wird dann aufgrund der Notenmarker festgestellt, welcher Komponist den größten Anteil am Erstellen des jeweiligen Satzes des Requiems hatte. Dafür gibt es entsprechende Punkte.
Eine Runde endet, wenn alle ihre acht Karten gespielt haben. Dann wird die Belohnung am Ende der Runde und das Einkommen verteilt. Dann werden die acht Karten gemischt. Die neunte Karte, die ich in einer Runde nicht gespielt habe, behalte ich auf der Hand. Die Kartenauslage auf dem Spielplan wird erneuert, ebenso die Plättchen der Orte. Nach fünf Runden endet „Lacrimosa“. Neben den Punkten, die ich während des Spiels erhalten habe, kommen nun noch die Königshofplättchen hinzu und die Wertung des Requiems. Geld und restliche Ressourcen bringen auch noch einmal Punkte ein. Wer in der Addition all dieser Dinge die meisten Punkte vorweisen kann, gewinnt.

Einschätzung

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Was mich an „Lacrimosa“ zunächst grundsätzlich fasziniert hat, war die Idee diese Episode der Musikgeschichte überhaupt in ein Brettspiel zu gießen. Musik ist generell kein Thema, das allzu oft in Brettspielen vorkommt. Wobei die Hintergrundgeschichte, die am Anfang präsentiert wird, letztlich eher ein wenig aufgesetzt wirkt. Immerhin passen die Mechaniken und Elemente des Spiels meistens zum Thema. Zum Beispiel, dass ich durch das Aufführen von Werken Geld verdienen kann, ist absolut verständlich. Die Ideen für die einzelnen Bereiche und die Umsetzung sind zwar an sich stimmig, aber alles zusammen wirkt doch irgendwie auch ein wenig konstruiert. Dennoch funktionieren die verschiedenen Elemente gut und die diversen Mechaniken sind interessant und durchdacht. Die Mehrheitenregelung im Bereich des Requiems finde ich sehr originell. Vor allem sieht alles sehr gut aus! „Lacrimosa“ ist ein Hingucker. Das Material ist sehr schön und mehr als solide! Besonders die persönlichen Tableaus sind hochwertige Doppel-Layer-Boards.

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Durch die Vertiefungen verrutscht nichts so schnell. Aber es ist auch viel, das da erst einmal auf den Tisch gebracht werden will. Doch die Komponenten haben alle ihre Berechtigung und es wird auch nicht unübersichtlich. Die verschiedenen Bereiche des Spiels bieten zudem unterschiedliche Möglichkeiten, wie ich zum Erfolg kommen kann. Will ich viele Werke aufführen oder viel reisen oder mich beim Komponieren hervortun. Alles bietet interessante Optionen. Vor allem finde ich die Verwendung der Erinnerungskarten sehr gut gelöst. Das Einschieben der Karten in die jeweiligen Slots im Bereich des persönlichen Tableaus ist eine Idee, die ich so noch nicht gesehen habe. Jedoch sollte es auch mit ein wenig Fingerspitzengefühl erfolgen, um die Karten nicht zu verbiegen. Auch spannend ist, dass ich meine Karten zwar verbessere, aber die Zahl der Karten konstant gleichbleibt. Das macht Entscheidungen leicht und dann auch wieder schwer. Denn eine von zwei Karten werde ich nicht als Aktion nutzen. Gerade beim Aufwerten der Karten sollte ich umsichtig sein, damit ich mir nicht die einzige Karte raube, die mir das Reisen erlaubt. Es sin eine Menge Dinge, die ich bei „Lacrimosa“ beachten muss; und ich muss auch auf die anderen achten. Denn sowohl bei den Karten, beim Reisen und beim Komponieren können mir die anderen zuvorkommen und ich gehe leer aus. Also heißt es auch immer alle anderen im Auge zu behalten. „Lacrimosa“ ist ein Kennerspiel wie es im Buche steht. Und es ist ein gutes Kennerspiel. Sehe ich davon ab, dass das Thema im Spiel nicht wirklich so funktioniert, ist es dennoch ein super Spiel, in dem die unterschiedlichen Elemente sehr gut ineinandergreifen. Je öfter ich „Lacrimosa“ gespielt habe, umso mehr hatte ich ein Gefühl dafür, welche Möglichkeiten es gibt und wie ich sie am besten nutzen kann. Und es hat mir jedes Mal mehr Spaß gemacht. „Lacrimosa“ dürfte vor allem auch Menschen begeistern, die sich für klassische Musik interessieren. Aber eben nicht nur.

„Lacrimosa”
Autor: Gerard Ascensi, Ferran Renalias
Verlag: Kosmos
Für 1 – 4 Personen
Ab 12 Jahren
Dauer: 90 Minuten
Preis: Ab 50 Euro

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